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Makeover Gone Bad - Wenn Spachtelmasse und Puder übernehmen

 

Wer sich des Öfteren auf TikTok oder Instagram bewegt und ein wenig Interesse an Beauty & Styling hat, kommt kaum an ihnen vorbei: Makeover-Videos, diese Vorher-Nachher-Kurzfilmchen, die es mittlerweile wie Sand am Meer gibt.

Aus müden, häufig auch etwas reiferen Gesichtern, werden plötzlich Hollywood Diven und oft sitzt eine komplett neue Persönlichkeit da.

Natürlich ist diese Verwandlung beeindruckend, keine Frage, ich schau mir diese Videos auch super gerne an und als ausgebildete Visagistin weiss ich, was mit Makeup machbar ist.

Trotzdem möchte ich hier mal einen etwas kritischen Blick auf diese Makeover-Magie werfen und das Schleierchen lüften.

Sobald nämlich die Kamera aus und die optimierte Beleuchtung weg ist, wird aus dem vermeintlichen Glamour schnell mal ein Fall für die nächste Fassadensanierung, da der Trend, das Gesicht in zig Schichten Foundation und Puder zu baden, hier seinen Höhepunkt erreicht hat.

Und was dann bleibt, ist meistens ein Effekt, der weniger an frische Haut und einen strahlenden Teint erinnert, sondern eher wie die mehrfache Verspachtelung eines glatten, frisch versiegelten Fliesenboden erinnert.

Ich hab bei diesen überschminkten Gesichtern immer die Angst, dass einmaliges Niesen oder ein freundliches Schulterklopfen durch eine weitere Person ausreichen, dass der komplette Putz sich löst und bröckelt.

 

Dass sich das Makeup in jeder Falte absetzt und die Haut wie mit einer dicken Schicht Pampe bedeckt wird, scheint niemanden zu stören. Schließlich glänzt es vor der Kamera und sieht tatsächlich auch meist umwerfend aus. Nur ist die Kamera eine ganz andere Situation als der Alltag. Als Make-up Artist, oder nenne es Visagistin, habe ich viel für Fotografen und für Filmprojekte gearbeitet. Und hab da natürlich auch gerne aus den vollen Farbtöpfchen geschöpft, um eine umwerfende Optik zu zaubern und ein Gesicht zu verwandeln.

 

Ein Shooting Makeup hat eine völlig andere Voraussetzungen als ein Alltags Make Up, wo natürliches Licht herrscht und die Mimik aktiv ist.

 

Dazu kommt, dass ich auch immer wieder die falsche Make-up Farbe entdecke, die null komma gar nicht zum Hautton der Kundin passt und oft als eigene Kunstform daher kommt: eine Mischung aus Orange wie ein Kürbis und aschig bleich wie ein Geisterkostüm. Alltagstauglich? Fehlanzeige, der Look passt besser in den Kohlenkeller, denn ich wage mal zu bezweifeln, dass jemand so zum Bäcker oder ins Büro geht.

Diese Make-ups sind Designer High Heels: schön anzusehen, aber wehe, man muss länger als 5 Minuten damit funktionieren.

Für den Alltag braucht es keine Spachtelmasse, die tolle Frauen zu wandelnden Instagram-Filtern macht, sondern ein Make-up, das uns wie die beste Version von uns selbst aussehen lässt und nicht wie ein ambitioniertes Kunstprojekt.

Vielleicht liegt die wahre Magie ja darin, Haut atmen zu lassen, statt sie zu erdrücken. Weniger „Vorher-Nachher“, mehr „immer ich“. Denn am Ende zählt nicht die dickste Schicht, sondern die schönste Ausstrahlung.

Und die kommt immer gut an - Online wie Offline ;-)

Daher kommen jetzt auch direkt einige Tipps für den perfekte Online-Auftritt, mit denen du natürlich schön glänzen und Eindruck hinterlassen kannst, ohne dich maskiert zu fühlen.

 

Charisma statt Schminke - Zeit für echten Glanz!

Nachdem wir uns von der Vorstellung verabschiedet haben, dass man fürs Rampenlicht ein komplettes Schminklabor braucht, wird’s Zeit für die Praxis: Wie präsentierst du dich authentisch und strahlend in der digitalen Welt?

Besonders als Frau, die schon etwas länger jung ist, bringt man eine Ausstrahlung mit, die jugendliches Make-up-Geplansche gar nicht braucht. Es geht darum, deine natürliche Schönheit zu unterstreichen – nicht sie zu überdecken.

 

1. DIE GRUNDLAGE: PFLEGE STATT SCHICHTEN

  • Jede gelungene Präsentation beginnt mit einer guten Basis – und die kommt nicht aus der Tube, sondern aus deiner Pflege-Routine. Eine gut durchfeuchtete Haut strahlt von selbst. Nutze leichte Seren mit Hyaluron und Vitamin C, um deinem Teint Frische zu verleihen. Ein sanfter Primer kann helfen, die Haut ebenmäßiger wirken zu lassen, ohne dass sich das Make-up später in feinen Linien absetzt.
  • Tipp: Investiere in eine getönte Tagescreme statt in schweres Make-up. Sie sorgt für einen natürlichen Look und pflegt zugleich.

 

2. LICHT: DEIN BESTER FREUND (ODER FEIND)

  • Kein Make-up der Welt rettet dich, wenn das Licht schlecht ist. Für Online-Meetings, Videos oder Selfies ist das richtige Licht der Schlüssel. Tageslicht von vorne schmeichelt jeder Haut, während Licht von oben (Stichwort: Bürolampe) Falten betont und Schatten wirft.
  • Tipp: Eine günstige Ringleuchte ist ein echter Gamechanger. Sie sorgt für weiches, gleichmäßiges Licht, das deine Haut glatt und strahlend wirken lässt – ohne Filter.

 

3. BETONUNG, NICHT MASKERADE

  • Mit den Jahren verändert sich das Gesicht – und das ist wunderbar! Statt alles zu kaschieren, betone deine schönsten Merkmale:
  • Augen: Ein softer Lidstrich (kein harter Balken) und Mascara öffnen den Blick. Vermeide schimmernden Lidschatten, denn er betont Fältchen.
  • Wangen: Ein Hauch Creme-Blush in einem frischen Ton zaubert Lebendigkeit. Lieber etwas wärmer wählen – Rosé- oder Apricot-Töne lassen die Haut jünger wirken.
  • Lippen: Matte Lippenstifte können austrocknen und älter machen. Entscheide dich für cremige Texturen oder getönte Lippenbalsame in natürlichen Farben.
  • Tipp: Ziehe die Augenbrauen in Form – sie sind der Rahmen deines Gesichts. Lücken kannst du mit einem Augenbrauenstift leicht auffüllen, ohne dass es künstlich wirkt.

 

4. STYLING: WENIGER IST MEHR – ABER NICHT LANGWEILIG

  • Online-Präsenz heißt nicht, im schwarzen Rollkragenpulli zu verschwinden. Farben, Muster und Accessoires können deinen Typ unterstreichen. Besonders bei Videoaufnahmen lohnt es sich, auf Details zu achten:
  • Vermeide rein weiße oder tief schwarze Oberteile – sie schlucken Licht und Kontraste.
  • Setze auf klare, schmeichelnde Farben, die deinen Hautton unterstreichen. Frauen mit wärmerem Teint stehen z. B. Senfgelb, Oliv oder Rostrot, während kühlere Typen in Blautönen, Beerentönen oder Grau brillieren.
  • Accessoires wie Statement-Ketten oder Ohrringe setzen Akzente – aber nicht zu viele auf einmal.
  • Tipp: Stell dir eine "On-Cam-Capsulewardrobe" zusammen, die du vorher getestet hast. Dann bist du immer auf der sicheren Seite und hast deinen persönlichen Signature Style“ – bequeme, zeitlose Teile, die vor der Kamera gut wirken.

 

5. HALTUNG UND AUSSTRAHLUNG: SELBSTBEWUSSTSEIN IST DAS SCHÖNSTE ACCESSOIRE

  • Der schönste Look hilft nichts, wenn die Körpersprache nicht stimmt. Auch online vermitteln deine Haltung, deine Mimik und deine Stimme mehr, als du denkst. Sitz gerade, halte den Kopf leicht nach oben, und lächle – das hebt die Mundwinkel und sorgt für eine positive Ausstrahlung.
  • Tipp: Übe vor der Kamera! Nimm dich selbst auf und schau, wie du wirkst. Kleine Justierungen machen oft einen großen Unterschied.

 

6. AUTHENTIZITÄT SCHLÄGT PERFEKTION

  • Vergiss nie: Deine Zielgruppe will dich sehen, nicht eine glattgebügelte Kopie. Zeige Ecken und Kanten – sie machen dich nahbar. Mit 40+ oder 50+ bringst du Lebenserfahrung, Kompetenz und Souveränität mit, die kein Make-up der Welt imitieren kann. Das wirkt.
  • Tipp: Ein kleines bisschen Humor lockert jeden Auftritt auf. Ein ehrliches „Ich hatte einen langen Tag, aber ich freue mich trotzdem auf dieses Meeting“ ist sympathischer als jeder perfekt geübte Satz.

Fazit:

Ein gelungener Online-Auftritt als Frau über 40 oder 50 bedeutet nicht, jung wirken zu wollen. Es geht darum, dich selbst von deiner besten Seite zu zeigen – mit Stil, Charme und Persönlichkeit. Und das Schönste daran? Du musst niemandem etwas beweisen – nur dir selbst. 

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